Virtuelle Meetings zum Anfassen und Mitmachen
Eine Minisequenz in einem Video: Ein Würfel rollt über einen Holztisch. Völlig unspektakulär und trotzdem löst diese Szene bei mir – obwohl ich keine Spielerin bin – Spannung aus. Ich selber würfle nicht, aber die Vorstellung reicht, um die Emotion zu erzeugen. Unser Tastsinn ist so elementar wie schlafen. Wenn ich selber würfle, das haptische Gefühl also real wird, entsteht ein Gefühl von Freude (Haptik macht Freude: was sich gut anfühlt ist auch gut), die Berührung löst Besitzgefühle aus (es wird subjektiv wertvoller), ich empfinde mich wirkungsvoll, weil ich Einfluss habe. Das Verantwortungsgefühl wächst.
Mein Handy ermöglicht mir solche haptischen Erfahrungen. Wenn ich z. B. die Taschenlampenfunktion benutze, wird mir ein „Anknipsgefühl“ vermittelt. In der Forschung wird an haptischen Displays gearbeitet, um den Mangel an haptischen Erfahrungen in der virtuellen Arbeitswelt auszugleichen.
Seit März 2020 werden Unternehmen quasi über Nacht in virtuelle Meetings mit Zoom, MS Teams oder Webex gezwungen. Einige Unternehmen gingen am Anfang der Pandemie davon aus, dass das Verlagern der Meetings in die Online-Welt ausreicht. Virtuelle Zusammenarbeit bedeutet aber mehr als ein funktionierender Video-Call. In virtuellen Räumen ist die Wahrnehmung eingeschränkt, weil die Nachrichten nicht auf allen Kommunikationswegen empfangen werden. Die Aufmerksamkeitsspanne scheint reduziert zu sein, das Gefühl vor dem Bildschirm zu sitzen erinnert an die passive Konsumentenrolle beim Fernsehen. Durch Ausschalten von Kamera und Ton kann man sich gut verstecken und nebenbei sogar andere Dinge erledigen.
Um so wichtiger ist es die virtuelle Zusammenarbeit abwechslungsreich zu gestalten und überraschende Momente einzufügen. Das Verschicken von kleinen Überraschungen (Gimmicks) im Vorfeld des Calls vermittelt z. B. wertvolle haptische Erfahrungen. Die Mitarbeiter*innen fühlen sich direkt angesprochen und wertgeschätzt. Ein „Daumen-hoch-Schild“ oder ein Päckchen Gummibärchen als Nervennahrung fördern, wenn sie im Call verwendet werden, gleichzeitig das Zusammengehörigkeitsgefühl. Verzicht auf die Mute-Funktion (wenn die Nebengeräusche nicht störend sind) vermittelt vom Geräuschpegel her das Gefühl eines analogen Meetings.
Eine sehr gute Variante für die Zusammenarbeit, die ähnlich wie die Arbeit mit der Moderationswand funktioniert, bietet die Applikation miro. Diese Anwendungssoftware erlaubt allen Teilnehmer*innen in Echtzeit ebenso wie asynchron visuell zusammenzuarbeiten und erhöht auf diese Weise das Verantwortungsgefühl der Einzelnen. Jede/r bringt sich aktiv ein, kommentiert, greift zum „Stift“, zum „Maker“, lädt ein Bild hoch, klebt oder verschiebt ein „Post-it“. Skizzen, Notizen, Fotos, Videos fügen sich zu einer digitalen Leinwand zusammen. Verschiedene ansprechende Templates erleichtern dabei das kreative Arbeiten. Und warum nicht zwischendurch mal um Aufgaben oder Antworten würfeln?